Bewusst – gesund – aktiv

Gesundheitsförderung von Migrant_innen im Quartier

Das Jane Addams Zentrum e.V. wurde im Januar 2019 als neuer Standort zum bereits laufenden Projekt Bewusst-Gesund-Aktiv:  Gesundheitsförderung von Migrant_innen im Quartier ausgewählt.

Als potenzielle  Projektteilnehmer_innen am  Standort München wurden die Bewohner_innen eines städtischen Wohnprojekts definiert, wo seit Mai 2017 über 300 Geflüchtete aus 20 Herkunftsländern in 118 abgeschlossenen barrierefreien Apartments untergebracht sind. 

Zu den Zielgruppen für das Wohnprojekt gehören laut Stadtratsbeschluss insbesondere unbegleitete Heranwachsende in Schule und Ausbildung, Geflüchtete aus dem Resettlement Programm der UN, Geflüchtete mit schweren Erkrankungen und Behinderungen und andere vulnerable Gruppen. Ca. ein Drittel der Bewohner_innen sind afghanische Ortskräfte, die in Afghanistan für die Bundeswehr gearbeitet haben, und ihre Familienangehörigen.  Sie sind auch in Deutschland im Fokus extremistischer Personen und Gruppen und wurden teilweise bereits Opfer von Beschimpfungen, Bedrohungen und gewalttätigen Übergriffen.

Situation der Zielgruppe

Für das Projekt Bewusst-Gesund-Aktiv wurde eine Teilgruppe der Bewohner_innen ins Auge gefasst, die Angehörige mit schweren chronischen Erkrankungen und/oder Behinderungen pflegen oder die selbst pflegebedürftig und alleinstehend sind.

Zusätzlich zu den durch Flucht bedingten psychischen Belastungen durch Traumata, Verlust der Heimat und der Familie,  Zukunftsängsten (insbesondere bei ungeklärter aufenthaltsrechtlicher Perspektive), Fehlen von gewachsenen Unterstützungsnetzwerken und unzureichendem Wissen über Rechte und Ansprüche und gesellschaftliche Erwartungen und Verpflichtungen bestehen bei der Zielgruppe weitere Belastungen und Ängste:

Enttäuschte Hoffnung : Viele Menschen mit schweren Krankheiten oder Behinderung wurden unter erheblichem finanziellem und menschlichem Aufwand nach Deutschland gebracht, weil sie selbst oder ihre Angehörigen sich hier eine erhebliche Verbesserung ihres Zustands oder sogar Heilung erhofften. Wenn sich diese Hoffnungen nicht erfüllen, führt das bei den Betroffenen und mehr noch für den mitreisenden Angehörigen nicht nur zu Enttäuschung und Depression, sondern häufig auch zu einem starken Gefühl des Versagens gegenüber der Familie.

Stagnation: Wie häufig bei pflegenden Angehörigen müssen eigene Bedürfnisse zurückgedrängt und eigene Lebenspläne aufgegeben werden. Bei Angehörigen von pflegebedürftigen Geflüchteten heißt das häufig, dass sie die Sprache nicht oder nur rudimentär lernen können, weil die Betreuung ihrer Angehörigen während der Kurszeiten nicht gesichert werden kann.  Gleiches gilt natürlich auch für die Pflegebedürftigen selbst, weil es keine geeigneten Integrationskurse für sie gibt. 

Isolation:  Durch die Beschränkung der Bewegungsfreiheit ist es kaum möglich, Kontakte außerhalb des direkten Wohnumfelds zu knüpfen. Die bestehenden Verbindungen sind abgerissen oder können nur telefonisch aufrechterhalten werden. 

Mangelnde Privatsphäre: Häufig muss sich der oder die Pflegebedürftige ein Zimmer mit dem oder der pflegenden Angehörigen teilen. Es gibt keine Rückzugsmöglichkeit und der oder die Pflegende muss rund um die Uhr Rücksicht auf die Bedürfnisse des oder der gepflegten Angehörigen nehmen.

Kulturelle Unterschiede im Verständnis von Pflege: Im Gegensatz zum westeuropäischen Verständnis verstehen es viele Geflüchtete als ihre familiäre und teilweise auch religiöse Pflicht, alle Pflegetätigkeiten selbst vorzunehmen. Während sich im Herkunftsland aber viele Angehörige die Versorgung des Pflegebedürftigen teilen, ist hier häufig nur ein oder eine Angehörige damit befasst. Dies führt zu einer psychischen und körperlichen Überlastung und zur Verleugnung eigener Bedürfnisse. Die Auslagerung eines Teils der Pflege und Betreuung an medizinisches oder pädagogisches Fachpersonal wird häufig als persönliches Versagen wahrgenommen.

Tätigkeitsbericht 2019

Unserem Tätigkeitsbericht 2019 können Sie entnehmen, auf welche Weise wir an diese Aufgabe herangegangen sind – und welche ermutigenden Erfolge wir bereits erzielen konnten.